Karate Selbstverteidigung

Jiei - Selbstverteidigung

Shotokan Karate als Selbstverteidigung

Der Ursprung des Shotokan Karate und die gelehrten Techniken lassen vermuten, daß man lernt sich effektiv zu verteidigen. Aber der Einsatz einer Karatetechnik unter Trainingsbedingungen oder im Wettkampf unterscheidet sich maßgeblich von den Bedingungen einer Selbstverteidigungs-Situation. Somit ist es nötig die Perspektive auf die erlernten Techniken und Bewegungen auf Effektivität und pragmatischen Einsatz zu trimmen.

Wer nicht übt, hat keine Übung

Karate Selbstverteidigung
Selbstverteidigung mit Karate Techniken will gelernt sein. Dabei ist es nicht notwendig, einen reichen Fundus an Techniken oder einen flexiblen Umgang mit potentiellen Situation zu proben, vielmehr sind der sichere Umgang mit wenigen Techniken, gutes Distanzgefühl sowie eine ausgeprägte Zielorientierung wichtig. Im Dojo kann man im Zuge des Bunkai oder Randori / Kumite Situationen durch Abwandlung der Übungen nachstellen.

Beherzt Zulangen

Karate Selbstverteidigung

Da gibt es nichts zu beschönigen: Wenn man sich verteidigen will, muss ohne Rücksicht zupacken, zulangen, zutreten. Wenn man zögert oder verunsichert ist, kann man sich, unabhängig von Kenntnisstand und Gurtfarbe, nicht effektiv verteidigen.

 

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Angriff ist nicht die beste Verteidigung

„Im Karate gibt es keinen ersten Angriff“
Gichin Funkaoshi

Die Dojokun und Shoto-Niju-Kun beherzigend, besitzt man eine gute Grundlage für den richtigen Umgang mit Situationen, in denen es auf den Schutz der eigenen Person ankommt. Man verliert nicht sein Gesicht, wenn man einer handgreiflichen Auseinandersetzung aus dem Weg geht und sich verteidigen können, bedeutet nicht, nach Auseinandersetzungen zu suchen.

Die Grenzen des Machbaren

Gegen einen bewaffneten Angreifer zu kämpfen birgt ein hohes Risiko und wer sich mehr als einerKarate Selbstverteidigung Angreifer*in gegenüber sieht, hat nicht nur Mut zu beweisen. Nicht jede Auseinandersetzung lässt sich vermeiden, aber eine überlegte Handlungsweise verhindert vielleicht schon, in kritische Situationen zu geraten.

Über den Tellerrand schauen

Wenn man Anregungen sucht, welche Techniken aus dem Karate besonders geeignet sind, sollte man bei den Systemen des Krav Maga Einblick suchen, oder sogar einen Kurs belegen. Es werden einfache Techniken vermittelt, welche sich auch im Karate wiederfinden lassen. Taktik, die richtige Handlungsweise bei Stress-Situationen und das Üben der passenden Reaktion stehen im Vordergrund. Auch Cross-Budo Lehrgänge oder Sparring mit einem Budo-Sportler aus einer anderen Stilrichtung vermitteln ein besseres Verständnis für die praktische Anwendung erlernter Techniken.

Was man zur Selbstverteidigung benötigt

  • gutes Selbstwertgefühl
  • gutes Selbstbewusstsein
  • sicheres Auftreten
  • umsichtiges Handeln (gewinnen ohne zu kämpfen)
  • ausgereifte Technik
  • Verständnis für die Technik

Shotokan und Selbstverteidigung

Shotokan Karate kann helfen, auf eine Notsituation besser vorbereitet zu sein, aber es ist keine Garantie, unversehrt zu bleiben. Es ist auch denkbar, daß aufgrund körperlicher Voraussetzungen Shotokan Karate gänzlich ungeeignet und man mit einer anderen Kampfkunst, einem anderen Kampfsport besser beraten ist.

Die Vorteile des Shotokan Karate

Das Trainingssystem des Shotokan Karate vermittelt mehr, als reine Selbstverteidigung. Das ist zugleich von Vorteil, birgt aber auch einen Nachteil: Bis man sich effektiv verteidigen kann, benötigt man mehr Zeit, als bei anderen „Systemen“. Wer aber am Ball bleibt, profitiert in einer Notsituation von folgenden Trainingseffekten:

Technik wird zu einer selbstverständlichen Bewegung

  • Verinnerlichen der Technik durch ständige Wiederholung
  • Reagieren und Anwenden ohne nachzudenken
  • die Technik als Reflex nicht als bewusste Handlung

Verbesserte Physis

  • Stärkung von Arm- und Handkraft
  • Stärkung von Rumpf und Beinen
  • körperliche Stärke und Ausdauer
  • Reaktionsschnelligkeit erhöhen
  • guter Gleichgewichtssinn

Mentale Stärke

  • innere Ruhe und Harmonie
  • Selbstbeherrschung
  • gutes Körperbewusstsein
  • den eigenen Körper und seine Mechanik verstehen
  • den anderen kennen lernen, mit anderen trainieren ohne Gewicht- und Größen Limit
  • Distanzgefühl und optimales Timing

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Karate als effektive Verteidigung

Choki Motobu (1870 – 1944), der als Karateka mit mehr pragmatischem / kämpferischem Ansatz als dem im Shotokan Karate zugrunde liegenden zitiert wird, hat für das Karate und sprechend für die Selbstverteidigung grundlegende Sätze formuliert.

  • Tritte sind in einem Kampf nicht besonders effektiv.
  • Wenn man einen Tritt abwehrt, dann so (hart), als ob man das Schienbein des Gegners brechen wolle.
  • Man muss versuchen, die Technik an der Wurzel / Quelle abzuwehren. Also blockt man nicht die angreifende Hand, sondern den Arm.
  • Man muss lernen, Angriffen auszuweichen, sie abzulenken, auch wenn sie von hinterrücks kommen.
  • In einer echten Auseinandersetzung sollte man versuchen den Gegner in sein Gesicht zu schlagen, das ist am effektivsten.
  • Wenn man in das Gesicht schlägt, dann so, als wollte man durch den Kopf hindurch schlagen.

Das ist nicht gentelemanlike und passt so wenig in das „gewaltfreie“ Bild des Shotokan Karate, verdeutlicht aber umso mehr, auf was sich Selbstverteidigung reduzieren lässt: Zielgerichtete Aggression. Diese Reaktion auf einen Angriff, ist in der Sache begründet, gegen den Angreifer destruktiv, schützt aber nur so die eigene Unversehrtheit. Um so kämpfen zu können, muss man auch so trainieren.

Wichtige Techniken

Wichtige Techniken:

  • Ausweichen
  • Ab- und Umlenken
  • Gegner auf Distanz halten
  • Fußfeger
  • Wischtechniken
  • Doppelarmtechniken (Abwehr / Angriff in einem)
  • Hebel- und Würgegriffe
  • Angriff auf Vitalpunkte
  • Gegner destabilisieren (aus dem Gleichgewicht bringen)

Wichtige Schlagflächen:

  • Ellbogen
  • Knie
  • Fingerknöchel (Ippon Ken)

Häufige Missverständnisse

In Foren, Blogs und sozialen Medien liest man immer wieder, daß Karate im Prinzip gar nicht für Selbstverteidigung taugt. Besonders die Art und Weise des Trainings und dort die Ausführung der Techniken wird als ungeeignet eingestuft. Und das stimmt sogar – was in Kata, Kihon und reglementiertem Kumite gelehrt und gelernt wird, lässt sich nicht direkt so gut zur Selbstverteidigung einsetzen.

Boxen ist Seilspringen und Seilspringen ist keine Selbstverteidigung

Allerdings sind diese Elemente auch gar keine Übungen für eine Selbstverteidigungssituation. Es geht sogar so weit, daß in Schulen, Stilrichtungen und Organisationen der Einsatz von Karate in einer körperlichen Auseinandersetzung abgelehnt wird, eben der bewusste Verzicht auf Gewalt – das verbindet man häufig mit Karate Do und Budo.

Der Trainingsfokus ist entscheidend

Demgegenüber gibt es Karate Stilrichtungen, die ganz gezielt auf Vollkontakt setzen und den realistischen Einsatz der Technik üben (lassen). Entscheidend ist der Trainingsfokus. Kihon lässt sich einfach betrachtet als Grundlagentraining verstehen – Technik, Koordination, Ausdauer, Kraft, Geschwindigkeit, Flexibilität sind hier im Fokus.

Kata dient meines Erachtens der Schärfung des Bewusstseins, der geistigen Flexibilität, der Entwicklung eines Verständnisses für komplexe Bewegungsmuster, der geistig vertieften  Auseinandersetzung mit den Karate Techniken und ist für mich Meditation in der Bewegung.

Kumite in seiner reglementierten Form fördert Disziplin, Distanzgefühl, Bewegungskompetenz und Kontrolle – über sich selbst und die Technik. Technisch lernt man dadurch zunächst nicht bewusst, wie man einem rücksichtslosen Angriff begegnet. Es bildet sich mit der Zeit eine bessere körperliche Verfassung, eine aufrechte, sichere Haltung, ein wachsames, aufgewecktes Bewusstsein. Und sicherlich kann man den ein oder anderen Hieb parieren, oder ausliefern, wenn es sein muss. Die Bereitschaft, sich zur Wehr zu setzen muss man aber bewusst entwickeln – körperlich und geistig.

Wer also mit und über das Karate lernen möchte, sich zu verteidigen, sollte darauf achten, daß im Dojo der Wahl auch ein Fokus darauf gesetzt wird. Alle in Kihon, Kata und Kumite vermittelten Techniken und Fähigkeiten lassen sich zielgerichtet einsetzen, wenn  man es entsprechend übt.

Das Wichtigste zum Schluss

Einer Auseinandersetzung aus dem Weg gehen, es gar nicht soweit kommen lassen, ist eine der sichersten Alternativen!

Selbstverteidigung

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