Shotokan Karate als Selbstverteidigung
Ausweichen, abwehren, jemanden aus dem Gleichgewicht bringen
oder lernen wo es weh tut, das kann Selbstverteidigung bedeuten. Ein gezielter Schlag auf die Nase rettet Sie vielleicht aus einer gefährlichen Situation.
Es gibt Selbstverteidigungs-Systeme, die sehr aggressive Techniken gegen einen Angreifer lehren. Aber diese Techniken reichen nicht aus, um sich sicher zu fühlen. Kraft, gute Kondition, Beweglichkeit oder schmerzhafte Angriffe, sportliche oder technische Aspekte helfen nicht gegen das Gefühl der Angst.
Die Angst, einem körperlichen Übergriff ausgesetzt zu sein
lässt sich nicht einfach durch üben und wiederholen von Angriffs- oder Abwehrtechniken überwinden. Muskeln und Technik aufzubauen, steigert die physischen Möglichkeiten, bringt aber keine wirkliche Sicherheit. Auch die Überzeugung, jedem Angriff bestehen zu können, ist kein Schutz.
Wer möchte schon angestrengt und aggressiv auf den nächsten Passanten warten, der sich als Angreifer entpuppt
„Soll er nur kommen, ich werd ihm schon zeigen was ich letzte Trainingsstunde gelernt habe.“ Der größere Teil der Menschen die uns im Alltag begegnen ist friedlich, warum also die eigene Gewaltbereitschaft steigern?
Folgendes habe ich vor kurzem gelesen:
Durch die psychologische Schulung wird dem Schüler vermittelt, sich bereits vor einem körperlichen Kampf aus seiner eventuellen Opferrolle (insbesondere Frauen und Kinder) zu befreien.
Aggressive Selbstverteidigung- Selbstverteidigung in konsequentester Form. Hierbei kommen keine schön ansehbaren und verschnörkelten Techniken zur Anwendung, sondern Techniken, die einen gewalttätigen Angreifer sofort angriffs- und kampfunfähig machen.
Das hört sich gut an und mit Sicherheit lernt man, sich in bestimmten Situationen zu verteidigen.
Fraglich bleibt, wie schnell und effizient so eine psychologische Schulung ist.
Ängste lassen sich nicht so schnell ablegen wie sich Technik entwickelt
Existenzängste bei einer körperlichen Bedrohung zeigen sich häufig in einer besonderen Form von Hilflosigkeit oder Handlungsunfähigkeit. Wer sich aggressiv verteidigen möchte, akzeptiert angegriffen zu werden, akzeptiert: es gibt da jemanden, der mich verletzen will, es bedeutet, dass man daran arbeitet selbst Gewalt auszuüben, um jemanden zu verletzen, um unversehrt zu bleiben. Durch einen Zwang von Außen distanziert man sich von einer gewaltlosen Haltung und Überzeugung.
Gewalt schützt Sie nicht
Wenn Sie Ihre Gewaltbereitschaft steigern, bedeutet das nur, dass Sie Gewalt als legitimes Mittel einstufen.
Auseinandersetzungen lassen sich vermeiden, Risiken umgehen
Menschen mit einem hohen Potential an Gewaltbereitschaft sind in einer körperlichen Auseinandersetzung häufig überlegen. Wenn Sie sich in Sicherheit wiegen, weil Sie in einem Selbstverteidigungskurs gelernt haben, jemanden zu Ihrem eigenen Schutz zu verletzen, ihn kampfunfähig zu machen, bringen Sie sich schon potentiell in Gefahr.
Ungleich gefährlicher ist es, bei einer nahenden Auseinandersetzung auf die eigenen kämpferischen Fähigkeiten zu vertrauen, und sich dem Angriff zu stellen.
Trotz guter Vorbereitung ist man im Ernstfall unterlegen oder der Situation nicht gewachsen, zumal der Angreifer meist vorbereitet und mit einem gewissen Vorsatz seine Tat begeht und Sie möglicherweise überrascht. Ist eine Waffe im Spiel wird die Gefahr noch größer, egal wer die Waffe zunächst in der Hand hält.
Wenn Sie kämpfen wollen und das setzt ja aggressive Selbstverteidigung voraus, dann müssen Sie auch gewaltbereit werden.
Eigentlich wollte man ja etwas gegen Gewalt tun, sie nicht fördern
Und: Auch Rettungsschwimmer können ertrinken. Ruhe, Selbstsicherheit, Kontrolle und ein vernünftiger, umsichtiger Umgang mit kritischen Situationen und Umgebungen bieten immer noch den besten Schutz gegen Gefahren.
Wenn Sie vorausschauend in die Welt blicken, können Sie viele Risiken vermeiden. Stellen Sie sich einmal vor, mit 180 Sachen über die Autobahn zu fliegen und für den Fall, dass da mal ein Stauende in einer Kurve ist, sind Sie gewappnet, weil Sie doch an einem Bremstraining teilgenommen haben.
Sie konnten sogar Ihre Reaktionszeit erheblich steigern. Und tatsächlich, 9 von 10 Auffahrunfällen konnten Sie so vermeiden. Aber bei dem einen hat es dann doch gekracht. Bei 180 km/h in ein Stauende zu rasen ist tödlich. Da hilft kein Bremstraining, da hilft nur eine Reduktion der Geschwindigkeit vor der Kurve, um gar nicht erst unvermittelt bremsen zu müssen.
Die Zahl schwerer Auffahrunfälle ist ein gutes Beispiel für unterschätzte Risiken bei hoher Selbstüberschätzung. Das Bremstraining ist auf jeden Fall OK, aber die Geschwindigkeit sollten Sie trotzdem drosseln.
Wenn Sie Angst vor einem körperlichen Übergriff haben, dann vermeiden sie ihn
Es klingt paradox, aber die sicherste Möglichkeit nicht Opfer zu werden ist, dem potentiellen Täter erst gar nicht zu begegnen.
Das ist leicht gesagt, aber schwer umgesetzt. Wer schon Opfer einer Bedrohung war, mag das nicht unbedingt bestätigen, aber
Mit einem Angreifer zu kämpfen, ist die gefährlichste aller Möglichkeiten einer Bedrohung zu begegnen
Generell gilt: Gegen einen Überfall ist niemand gefeit. Aber man kann brenzlige Situationen vermeiden, wenn man einige Tipps beherzigt.
- Sind Sie in einer Gegend unterwegs, die Sie nicht einschätzen können (z.B. im Urlaub, der Park in der Nacht), sollten Sie Ihrer inneren Stimme folgen: Haben Sie ein mulmiges Gefühl, kehren Sie besser um.
- Sicheres und überzeugtes Auftreten kann vor Überfällen schützen. Wer groß und mit festem Schritt durch die Straße geht, wird seltener Opfer einer Gewalttat.
- Versuchen Sie Risiken abzuschätzen und setzen Sie sich vernünftige Grenzen bei den Situationen die Sie sich zumuten: Wenn es dunkel ist, fahre ich mit dem Taxi und gehe nicht zu Fuß.
- Bewahren Sie in einer unübersichtlichen und möglicherweise bedrohlichen Situation Ruhe, dann können Sie mögliche Auswege aus der Situation besser erkennen und überlegt handeln.
Selbstsicheres Auftreten kann man lernen, verstärken und durch spezielle Selbstbehauptungskurse, auch in Verbindung mit Selbstverteidigungstechniken, vertiefen. Aber nicht in einem zweiwöchigen Kurs und nicht indem man ein oder zwei Angriffstechniken lernt.
Warum Angriffstechnik und Überzeugung nicht reichen
Haben Sie schon einmal einen Bruchtest gesehen? In vielen Kampfsportarten ist es üblich, Bretter mit der Hand oder dem Fuß zu zerschlagen, um festzustellen, wie gut Technik und Leistungsvermögen sind.
Das können Sie auch, schließlich haben Sie auch eine Hand, auch einen Fuß, die Voraussetzungen sind die gleichen, aber warum dürfte es Ihnen trotzdem nicht sofort gelingen? Nun, beim ersten mal ist man sich ja nicht so sicher, man ist verunsichert, kann ich das, tut das weh. Es bedroht nicht die Existenz, aber wenn man Ihnen jetzt ein Brett in die Hand drückt, werden Sie es wahrscheinlich nicht beim ersten Versuch zerschlagen.
Was, wenn Ihre gute Technik erst beim zweiten Überfall funktioniert?
Was, wenn Ihre Existenz oder Unversehrtheit bedroht ist, aber Sie haben Ihre Möglichkeiten überschätzt? Eigentlich müssten Sie jetzt aggressiv zulangen, aber es wirkt irgendwie nicht.
Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer mit dem Schwert kämpft, wird durch das Schwert sterben ……..
Wenn Sie eine Selbstverteidigungstechnik lernen, wenn Sie lernen aggressiv zu sein, dann werden Sie sich auf eine unkontrollierbare Situation vorbereiten und irgendwann werden Sie anfangen, mögliche Risiken zu unterschätzen. Sie werden vielleicht nicht gerade nach Gefahren suchen, aber Sie sind sich sicher, Ihnen begegnen zu können.
Die Überzeugung sich erfolgreich wehren zu können und der Glaube an die eigenen kämpferischen Fähigkeiten sind der größte Fehler, bei dem Versuch sich vor einer körperlichen Auseinandersetzung zu schützen.
Sich einer potentiellen Gefahr zu stellen, sich darin zu behaupten und unversehrt daraus hervor zu gehen, ist immer direkt mit der Gefahr selbst verbunden. Wenn Sie sich der potentiellen Gefahr nicht aussetzen wollen, müssen Sie sie umgehen oder sich von ihr entfernen.
Wie kann Ihnen Shotokan Karate helfen
Es ist ein weiter Weg um sich über das Training mit Shotokan Karate erfolgreich behaupten und verteidigen zu können. Shotokan Karate lehrt über einen langen Zeitraum grundschulmäßige Techniken, die keine schnelle und effektive Selbstverteidigung zulassen. Diese Form der Konditionierung von Bewegungsabläufen entfaltet erst nach längerer Zeit ihre Wirkung.
Was Sie in anderen Kampfsportarten oder Selbstverteidigungs-Systemen innerhalb kürzester Zeit lernen, bedarf beim Shotokan Karate eines großen zeitlichen Aufwands.
Allerdings lässt dieser Weg Ihnen die Möglichkeit, sich im Einklang mit einer gewaltfreien Überzeugung in eine Richtung zu entwickeln, die sowohl positive Auswirkungen auf ihr physisches wie psychisches Leistungsvermögen und das Potential zu einer gesunden Selbsteinschätzung bietet.
Das Training ist anspruchsvoll und steigert sich mit den Jahren. Trotzdem ist der Einstig leicht, Motorik und Physis sowie Psyche werden nicht überfordert. Mit den Jahren steigen die Anforderungen, immer in Bezug auf die persönliche Entwicklung. Auch nach Jahren wird das Training nicht langweilig, da es immer wieder neue Aspekte bietet.
Hat man den Wunsch, sich kurzfristig effizient verteidigen zu können, aber langfristig die persönliche Entwicklung zu fördern ist eine Kombination von Selbstverteidigungstraining, Selbstbehauptungskursen und Shotokan Karate zu empfehlen.
- Karate ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn man es nicht ständig wärmt
- Gichin Funakoshi
Und das gilt auch für jedes Selbstverteidigungs-System. Wenn man schon ständig trainieren muss, warum nicht in einer angenehmen und eher friedfertigen Atmosphäre?
Wo liegt der Vorteil des Shotokan Karate
Karate macht man nicht mal eben so, auch nicht in zwei Wochen. Sie trainieren Körper und Geist über eine lange Zeit im Einklang miteinander und erreichen so eine nachhaltige Wirkung der erlernten Techniken. Der Ansatz des traditionellen Shotokan Karate ist die Abkehr von der Gewalt. Sich seiner Fähigkeiten und Stärken bewusst zu werden, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.
- Eins ist, vervollkommne Deinen Charakter
- Gichin Funakoshi
Die Arbeit an der eigenen Person und die Vervollkommnung des Charakters, das Erlernen von Disziplin und überlegter, ruhiger Handlungsweisen, versetzt Sie in die Lage, mögliche Gefahren schon im Vorfeld objektiv zu beurteilen.
Mit der über langjähriges Training erlangten Ruhe und Selbstsicherheit, erhalten Sie die Chance, eine potentielle Gefahr zu erkennen und sich ihr im Vorfeld zu entziehen. Sie werden sich nicht mehr sagen: „Reiß Dich zusammen, alles unbegründet“, wenn Ihre innere Stimme Ihnen zur Umkehr rät und dieses Gefühl durch Ihre Angst bestätigt wird und Sie vertrauen Ihren Möglichkeiten, wenn nur die Flucht nach Vorne bleibt.
Sind Sie sich Ihrer Möglichkeiten voll bewusst, werden Sie feststellen, dass es immer jemanden gibt, der stärker ist als Sie und genau den wollen Sie ja nicht treffen.
Versuchen sie zudem, körperlichen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, erarbeiten sich diese grundsätzliche Haltung über einen längeren Zeitraum, zum Beispiel über die „philosophischen“ Ansätze des Shotokan Karate, werden Sie die Gefahr nicht suchen, sondern immer einen Weg Ihr zu „entkommen“.
Entwickeln Sie darüber hinaus über die Jahre langjährigen Trainings und die Erfahrung eigener Grenzen und Leistungsfähigkeit, eine gesunde Haltung zu sich selbst, werden Sie sich nicht scheuen, Ängste einzugestehen und Handlungsweisen zu wählen die Sie vor Gefahren schützen.
Besonders dann, wenn Sie einen weichen und friedfertigen Weg suchen sich der Angst vor einer körperlichen Auseinandersetzung und den möglichen Gefahren eines Angriffs zu entziehen, sei Ihnen der Shotokan Karate Weg empfohlen.
Leistungsgedanke und schneller sportlicher Erfolg stehen nicht im Vordergrund des Shotokan Karate. Gemeinsames Trainieren, Vervollkommnung der eigenen Person und das gemeinsame Erlebnis einer althergebrachten traditionellen Kampfkunst in familiärer Atmosphäre wird Sie genauso begeistern wie die 21.000 Mitglieder in insgesamt 450 Dojos.